Geschichte
Zur Geschichte der Apotheke
Aus der Geschichte der Kemptener Hofapotheke.
Von Dr. Rottenkolber, Studienrat, Neu-Ulm.
Der Fremde und Einheimische, der mit offenen Augen durch die Straßen Kemptens geht, findet an zahlreichen Häusern Tafeln angebracht, "die vom Gemeinsinn unserer Väter künden, die der Nachwelt vor Augen führen, was ehrwürdig war und schön in der Heimat hehrem Antlitz, die mit einem Worte Geschichte erzählen, Geschichte der alten, lieben Heimat". Bei Nachforschungen über die Vergangenheit dieses oder jenes, noch aus der reichsstädtischen oder fürstäbtlichen Zeit stammenden Hauses gelingt es nicht selten, recht interessante Einzelheiten zutage zu fördern. So konnte ich aus Akten des Münchner Hauptstaatsarchivs auch einiges aus der Geschichte der allbekannten Kemptener Hofapotheke ermitteln, das mir einer Veröffentlichung wert erscheint.
Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts gab es weder in der Stiftsstadt Kempten noch im Stiftsland eine Apotheke. Die Bewohner von Stadt und Land waren, wenn sie Medikamente und dergleichen brauchten, einzig auf die Apotheke in der Reichsstadt Kempten angewiesen. Der Stadtapotheker aber war "dem Spiel und Trunk sehr ergeben und in den meisten Fällen nicht zu Hause, wodurch die Apotheke sorglos am Nagel hing, die Weiber und Kinder ihres Gefallens darin handeln konnten, so daß in der Ausgebung der Medikamente große Fehler begangen wurden". Allgemein klagten die Leute darüber, daß sie vom Apotheker überfordert würden und "die Arzneien über die ordinari und vorgeschriebenen Taxen" bezahlen müßten. Diese vielfältigen Mängel und Fehler und nicht zuletzt die hier herrschende Unreinlichkeit scheinen geradezu sprichwörtlich gewesen zu sein. Im Stift heraus ließ man sich das eine Zeitlang gefallen; aber als für den Fürstabt "aus Verordnung des Leibarztes, Herrn Dr. Bilger, einige Medizinen in der Stadt Kempten Apotheke präpariert und überbracht worden und darin Mäusekot sich befunden", riß Abt Rupert von Bodman die Geduld, und er entschloß sich, "zu seiner und des Kapitels besserer Lebens- und Gesundheitsversicherung ein eigenes Corpus Pharmaceuticum aufzurichten". Der Stadtapotheker suchte sich wohl damit zu entschuldigen, daß "die Bix in der appoteckh lange Zeit nicht geöffnet worden sei"; doch wurde ihm mit Recht entgegengehalten, daß der Unrat nicht hätte hineinkommen können, wenn die Büchse verschlossen gewesen wäre.
So hatte das Stift über Nacht seine eigene Apotheke bekommen. Um das junge Unternehmen in Schwung zu bringen, mußten die Pfarrer von der Kanzel herunter den stiftischen Untertanen verbieten, fernerhin in der Stadtapotheke einzukaufen, sondern sich nur mehr der Hofapotheke zu bedienen. Die Reichsstadt Kempten sah hierin eine schwere Beeinträchtigung ihrer Interessen und führte Klage gegen den Abt. Allein Fürstabt Rupert hatte den Kaiser auf seiner Seite, denn am 16. März 1691 gebot Kaiser Leopold I. dem Abt, "sich auf Klagen der Stadt Kempten wegen Errichtung einer Apotheke und Verbot der Stadtapotheke vor den kaiserlichen Hofrat zu wenden". Der ganze Streit, über dessen Verlauf wir nicht näher unterrichtet sind, endete zugunsten des Stiftes, denn es durfte seine Apotheke behalten.
Die sogenannte Hofapotheke war ursprünglich im Erdgeschoß der fürstäbtlichen Residenz untergebracht, und zwar in dem "gegen Osten gelegenen Teil des Hauptgebäudes, das gegen Mittag die Front macht". Die Räumlichkeiten umfaßten die aus drei Zimmern bestehende Wohnung des Hofapothekers, die Offizin, ein Laboratorium, eine Kammer und ein Gewölbe, in denen man die Materialvorräte aufzubewahren pflegte. Die Apotheke hatte lange Zeit das Schicksal aller stiftischen Einrichtungen geteilt: sie brachte nicht nur keinen Gewinn ein, sondern arbeitete mit einem jährlichen Verlust von 500-600 Gulden, trotzdem sie die einzige Apotheke im Fürstentum war und alle Chirurgen des Landes, das stiftische Spital, die Ordensgeistlichen zu Heiligkreuz und Lenzfried und das kemptische Militär aus ihr die benötigten Medikamente beziehen mußten. Dies änderte sich erst, als Fürstabt Rupert von Neuenstein im Jahre 1786 einen gewissen Alois Balthasar Fuchs als Hofapotheker mit einem jährlichen Gehalt von 143 Gulden anstellte. Ihm gelang es, die Apotheke wieder in die Höhe zu bringen; in den Jahren 1793-1801 betrugen die Einnahmen 122 383 Gulden, denen 81 737 Gulden Ausgaben gegenüberstanden, so daß sich ein jährlicher Durchschnittsgewinn von 4600 Gulden ergab. Daneben verfügte die Apotheke ständig über einen Materialvorrat, der auch einen Wert von 3000-4000 Gulden darstellte. In dieser ihrer besten Zeit beschäftigte die Apotheke außer dem Hofapotheker noch einen chemischen Laboranten, einen Stößer und zwei weitere Gehilfen. Dem Leiter der Apotheke kamen die Zeitumstände allerdings auch in ganz besonderem Maße zustatten. 1794-95 übte in der Stiftsstadt ein gewisser Dr. Hofmann, ein französischer Emigrant, seine Praxis aus; dieser genoß bei der Bevölkerung "ein bis zur Anbetung gehendes Zutrauen" und hatte einen beispiellosen Zulauf, und seine Rezepte ließ er nur der Hofapotheke zukommen. Eine nicht minder gute Zeit für die Apotheke war das Jahr 1796. Damals herrschte im Kemptener Lande eine Viehseuche und der Franziskanerpater Aurelian vom Kloster in Heiligkreuz, der von den Kemptener Bauern als göttlicher Wundermann förmlich überlaufen wurde, ließ die Medikamente zentnerweise aus der Hofapotheke holen, so daß das Personal drei Monate lang kaum mehr zur Ruhe kam. Und als das Stift in den Koalitionskriegen eine französische Besatzung erhielt, hat auch diese die Apotheke überstark in Anspruch genommen. Diesen flotten Geschäftsgang hat sich der Provisor Fuchs dann auch zunutze zu machen gewußt. Die meiste Zeit war er überhaupt abwesend, und wenn er je da war, dann befaßte er sich mehr mit der Spezereihandlung, die mit der Apotheke damals verbunden war, als mit der Apotheke selbst; wenigstens hören wir, daß er "das Geschäft der Apotheke einem unwissenden Personal überließ, wovon der Joseph Heibel, der vor 10 Jahren als Stößer angefangen hatte, kaum des Schreibens und der lateinischen Sprache kundig war". Auch darüber wurde geklagt, daß Fuchs "die Rezepte nicht ohne Aufschub machte, daß die Kundschaft nachlässig und schlecht bedient wurde, daß die Arzneimittel schlecht zubereitet und noch dazu im Preis übertrieben waren". Aber die Apotheke rentierte sich und rentierte sich auch noch, nachdem sie im Jahre 1802 durch die Säkularisation an den bayerischen Staat übergegangen war, denn 1803 errechnete sich nach Abzug der Zinsen ein Reingewinn von rund 3100 Gulden; dazu kam dann noch ein Warenlager von 9000 Gulden
.Nach der Säkularisation hatte der bayerische Staat den bisherigen Hofapotheker Fuchs gegen Bezahlung einer Pension von 600 Gulden vorerst noch beibehalten, bis sich der neue Landesherr entschloß, die Apotheke um den größten gebotenen Kaufschilling und eine jährliche, für wohltätige Zwecke zu verwendende Abgabe von 2000 Gulden zu veräußern. Zu diesem Behufe mußte Fuchs mit Zuziehung eines Kommissionsaktuars "ein genaues Verzeichnis der sämtlichen vorhandenen pharmazeutischen Apparate unter Bemerkung des Preises von jeder Gattung des Materials verfassen und das Verzeichnis und die Rechnungen durch alle Monate bis zum Verkauf auf dem laufenden erhalten". Dem früheren kemptischen Hofrat von Renz wurde aufgetragen, den beabsichtigten Verkauf der Apotheke in verschiedenen Blättern bekanntzumachen und dafür zu sorgen, daß etwaige Kaufliebhaber die Räumlichkeiten und Materialvorräte der Apotheke besichtigen und auch sämtliche Rechnungen aus den letzten acht Jahren einsehen konnten. Es stand auch nicht lange an, so meldeten sich verschiedene Interessenten: ein hohenlohischer Kammerdirektor zu Waldenburg erkundigte sich im Auftrag eines Verwandten, ebenso ein Sekretär des Grafen Noravizki in München, der Provisor der Gladbachschen Apotheke in Regensburg, ein F. N. Sabadini in Augsburg und endlich der Chirurg und ehemalige Feldapotheker Friedrich Lederle von Oberstdorf. Als aber am 15. Juni 1803 die Apotheke versteigert wurde, fanden sich nur Fuchs und Lederle ein. Dieser geringe Besuch war, wie man damals wohl mit Recht vermutete, zurückzuführen auf den in Bälde folgenden Verkauf von mehreren Klosterapotheken.
Fuchs, der wohl über die nötigen Mittel verfügt hätte, um die Apotheke zu erwerben, scheint von vornherein keine ernstlichen Kaufabsichten gehabt zu haben, da er gleich erklärte, daß er sich nie zu einer ewig dauernden jährlichen Abgabe von 1000 Gulden - statt der zuerst geforderten 2000 Gulden begnügte sich der Staat zuletzt mit 1000 Gulden - verstehen könne. Dagegen war Lederle bereit, auf diese Bedingungen einzugehen, wie er sich erbot, die vorhandenen Materialvorräte um 6000 Gulden, zahlbar in drei Raten von je 2000 Gulden, abzulösen. Trotzdem dieses Angebot zum tatsächlichen Wert der Apotheke in keinem Verhältnis stand, wäre Lederle die Apotheke zugesprochen worden, wenn nicht die kurfürstliche Landesdirektion in Ulm geglaubt hätte, mit Rücksicht auf die Person des Käufers dem Verkauf die Genehmigung versagen zu müssen; denn sie fürchtete, daß Lederle in Ermangelung der nötigen Bürgschaft den Vertrag doch nicht halten könnte, wie er auch "als ungebildeter Dorfbarbier gar nicht der Mann wäre, die einzige Apotheke eines ganzen Fürstentums bei seinen unzulänglichen Kenntnissen und rohem und ungebildetem Charakter zu führen".
Nachdem aus dem Verkauf nichts geworden war, suchte der Staat die Apotheke gegen einen jährlichen Pachtschilling von 2000 Gulden auf zehn Jahre zu verpachten und als Pächter den bisherigen Verwalter Fuchs zu gewinnen. Diesem sollten sämtliche Materialvorräte um den Schätzungspreis überlassen und eine eigene Wohnung in der Residenz zugewiesen werden; ferner verpflichtete sich der Staat, im ehemaligen Stiftsgebiet keine weitere Apothekenkonzession zu gewähren. Als Gegenleistung hatte der Pächter während der Pachtzeit auf alle Pensionsansprüche an den Staat zu verzichten und die Besoldung des Personals auf seine Kosten zu übernehmen. Diese Bedingungen schienen Fuchs annehmbar, nur stieß er sich an der Höhe des verlangten Pachtschillings, er hielt 1000 Gulden für hinreichend, zumal die Apotheke durch die Entfernung sämtlicher Kollegien von Kempten und die Konkurrenz des Landvolkes an Wert bedeutend verloren habe. Daraufhin suchte der Staat einen Mittelweg; er wollte sich seinerseits mit 1500 Gulden Pacht begnügen, Fuchs dafür aber die Apotheke auf zwölf Jahre überlassen, womit letzterer auch einverstanden gewesen wäre.
Es dauerte nun allerdings nicht lange, da erkannte der Staat, daß er sich durch das Versprechen, im Kemptischen keine weitere Apothekengerechtigkeit mehr zu erteilen, selbst die Hände gebunden hatte. Um seine volle Bewegungsfreiheit zurückzubekommen, wollte er Fuchs "die Apotheke nebst allen vorhandenen Vorräten an Medizinalwaren, Arzneien, Präparaten, Brennzeug, Geschirr und anderen zur Apotheke gehörigen Effekten mit der darauf verliehenen Realkonzession oder Gerechtigkeit erblich und eigentümlich durch Verkauf überlassen". Nur müßte Fuchs auf folgende Bedingungen eingehen: "Er bezahlt für die Realapothekenkonzession oder -gerechtigkeit 1500 Gulden Kaufschilling sogleich und nach der Extradition der Apotheke bar und in Münze, ferner 26 Gulden Taxgelder für die Konzession; die Warenvorräte kauft er besonders nach dem Schätzungswert, wie derselbe bei der ordentlich und unparteiisch vorzunehmenden Inventarisation sich ergeben wird, und zahlt diese Summe zur Hälfte in bar, die übrige Hälfte in jährlichen Raten von 2000 Gulden mit 4 v. H. Zinsen. Auf seine Pension und alle übrigen Nachforderungen verzichtet er auf ewige Zeiten; er übernimmt die Besoldung des Apothekersubjektes, solange sich dieses in seinen Diensten befindet. Der Platz, wo die Apotheke sich befindet, wird nicht verkauft, sondern bleibt der Verfügung des Kurfürsten vorbehalten, doch wird ihm der Platz gegen eine Jahresmiete von 100 Gulden und gegen eine jährliche Aufkündigung überlassen. Die medizinische Polizei wird gehandhabt und Fuchs gegen Pfuscher und unberechtigte Materialhändler geschützt werden; doch soll das Monopol nicht aufrechterhalten und Apotheken nach Bedarf errichtet werden. Fuchs soll von seiner eigentümlichen Apothekengerechtigkeit diejenigen jährlichen Abgaben zahlen, welche analog anderen Apothekengerechtigkeiten für gut befunden wurden."
Fuchs, der große Lust hatte, die Apotheke zu kaufen, bat sich eine kurze Bedenkfrist aus, damit er sich die Sache in aller Ruhe einmal erst überlegen könnte. Die Bedingungen schienen ihm in mancher Hinsicht viel zu hart, als daß er sich "denselben bei einer gewissen Rücksicht auf sein und seiner Familie zeitlichen Wohlfahrt unterziehen könnte". So fand er einen Pachtschilling von 1500 Gulden für viel zu hoch, besonders wenn er auf seine Pensionsansprüche für immer verzichten müßte. Wenn man bedenke, daß der fürstliche Hofhalt aufgelöst sei, daß in der benachbarten Reichsstadt Kempten zwei Apotheken waren und in Grönenbach und Obergünzburg neue Apotheken errichtet würden, so werde sich der Ertrag der Apotheke nie so hoch belaufen, daß er bei dem geforderten Pachtschilling auf seine Rechnung käme. Vergleiche er damit seine Pensionsbezüge von 600 Gulden, so müßte er eigentlich weit mehr bezahlen, als er überhaupt zu erwarten habe. Diese 600 Gulden entsprächen einem Kapital von 12 000 Gulden; rechne man dazu die 1500 Gulden Kaufschilling, so müßte er eine Summe von 13 500 Gulden bezahlen, was zum wahren Wert der Apotheke in keinem Verhältnis stehe. Seine Meinung ginge dahin, daß er schon allein mit der Verzichtleistung auf die Pension die Konzession der Realgerechtigkeit bezahlt habe; wenn er die seinem früheren Gehalt entsprechende Pension bekomme, sei er wohl bereit, das Doppelte zu bezahlen. Die härteste Bedingung für Fuchs war die Raumfrage; denn die Ungewißheit, wie lange er die Räume behalten könne, müsse ihn in die Notwendigkeit versetzen, in Bälde einen teuren Neubau aufzuführen, da er binnen Jahresfrist nicht imstande wäre, ein genügend trockenes Gebäude zu bauen, wie er auch im Falle einer Kündigung nicht wüßte, wo er seine Apotheke unterbringen sollte; hierzu würde aber seine Kraft nicht ausreichen. Er müsse also verlangen, daß ihm die fraglichen Räume auf sechs bis acht Jahre sichergestellt würden; lieber würde er einen höheren Pachtzins bezahlen. Was endlich die medizinische Polizei betreffe, so würde er Wert darauf legen, daß im Kemptener Landgerichtsbezirk so lange keine zweite Apotheke errichtet werde, als er sich keines Vergehens schuldig mache. Wenn ihm also die Realgerechtigkeit unentgeltlich und gegen bloße Verzichtleistung auf seine Pension überlassen und ihm die Benutzung der Räume auf sechs bis acht Jahre garantiert werde, dann wäre er bereit, die Apotheke zu übernehmen. Seine Einwendungen waren nicht umsonst. Die Landesdirektion in Ulm machte, da sie den von Fuchs angeführten Gründen nichts Stichhaltiges entgegensetzen konnte, den Vorschlag, ihm die Konzession um 500 Gulden und im schlimmsten Falle, wenn er sich auch hierzu nicht verstehen wolle, ganz umsonst zu geben. Auf diese Vorstellung hin wurde am 16. März 1804 genehmigt, daß Fuchs "die Hofapotheke mit einer gratis erteilten Realkonzession käuflich überlassen werde". Auch die Ueberlassung der zum Fortbetrieb der Apotheke benötigten Räumlichkeiten auf acht Jahre machte keine Schwierigkeiten, nachdem man durch eine Rücksprache mit dem Kommandeur des zweiten leichten Infanteriebataillons, von Vincenti, erfahren hatte, daß "das Militär keinen Anspruch auf den Platz zu machen gedenke".
Am 23. April 1804 kamen die Verkaufsverhandlungen zum Abschluß. Fuchs hatte für die erteilte Gerechtigkeit 26 Gulden Taxgelder und für das Warenlager 6300 Gulden zu bezahlen, wovon 4000 Gulden gleich in bar und der Rest innerhalb eines Jahres mit 4 v. H. Zinsen zu entrichten waren. Der Wert der Materialvorräte war bei der Uebernahme der Apotheke durch den Staat wohl mit 10- bis 12 000 Gulden angegeben worden; aber bei der neuerlichen Schätzung ergab sich, daß nur mehr für 5613 Gulden Waren vorhanden waren. Dieser Unterschied erklärte sich daraus, daß der Verkauf der Apotheke über anderthalb Jahr verzögert und während dieser Zeit an neuen Waren nichts mehr nachgeschafft worden war.
Noch am gleichen Tage bezahlte der neue Besitzer der Hofapotheke vom Kaufschilling 3300 Gulden; mehr konnte er für den Augenblick nicht aufbringen, da er vom letzten Fürstabt ein Stück Land zu kaufen beabsichtigte, um einen botanischen Garten anzulegen. Gleichzeitig lieferte er 1497 Gulden ab, die noch "aus der Kassabarschaft seiner auf kurfürstliche Kosten geführten Verwaltung" herrührten. Am 2. Juni zahlte er die 26 Gulden Taxgelder, und am 4. Mai 1805 hatte er auch die letzte Rate des Kaufpreises bezahlt. Aber damit war er noch nicht aller Verbindlichkeiten gegen den Staat enthoben, denn er mußte auch die Rückstände aus den früheren Jahren eintreiben, und diese waren ziemlich hoch. Nach einem "Verzeichnis der ausgestellten Rechnungen über die während des Jahres 1803 auf Kredit gegebenen Arzneien" machten sie für dieses Jahr allein 3023 Gulden aus; dazu kamen für die Monate Januar bis April 1804 weitere 556 Gulden Außenstände. Wieweit es Hofapotheker Fuchs gelungen ist, diese Gelder einzutreiben, entzieht sich unserer Kenntnis.
Hofapotheker Fuchs blieb vermutlich bis zum Jahre 1812 in den ihm in der Residenz überlassenen Räumen, bis er sich das Haus kaufte, in dem die Hofapotheke heute noch betrieben wird. Und dieses Haus selbst reicht in seinen Anfängen zurück in die Zeit des Fürstabtes Rupert von Bodman (1678 bis 1728). In einem Hofratsprotokoll vom 8. Januar 1683 heißt es wörtlich: "Dem Kammerdirektor Rid wird der Platz, worauf vor diesem ein Haus gestanden, gleich von der Möserschen Tafern (wahrscheinlich die heutige 'Post') gegenüber an der Straße gegen die Mühlen hinauf zwischen zwei kemptischen Gärten gelegen wegen seiner treu geleisteten Dienste gnädigst verehrt, jedoch daß er all hier ein sauberes Haus bauen soll." Mit diesem archivalischen Nachlweis decken sich auch die Beobachtungen, die in architektonischer Hinsicht in der Hofapotheke gemacht wurden; auch sie weisen auf das Ende des siebzehnten Jahrhunderts hin, also auf die Zeit Bodmans.
(Rottenkolber, Aus der Geschichte der Kemptener Hofapotheke, in: Schmiedel R. (Hrsg.), Süddeutsche Apotheker-Zeitung, Sonderabdruck aus Nr. 102, Stuttgart 1928, S. 1-7.)